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Die Bedeutung der Physiotherapie auf einer  Frühgeborenen- und Säuglingsintensivstation

Ein weiterer wichtiger Bestandteil in der Versorgung eines Frühgeborenen ist die Behandlung durch speziell ausgebildete Kinderphysiotherapeuten.

Nach Absprache mit den Ärzten findet bereits der erste Kontakt im Inkubator statt.

Durch gezielte Lagerung wird den Frühgeborenen die verlorengegangene Sicherheit und Geborgenheit des Mutterleibs ein Stück weit wiedergegeben, zudem wird die Wahrnehmung gefördert und die Atmung erleichtert.

Der frühzeitige Beginn der Physiotherapie ist wichtig, da durch gezielte Techniken die Atmung positiv beeinflusst werden kann. Ziel ist die Belüftung und Durchblutung der Lunge zu fördern,  um selbständiges Atmen zu erleichtern.

Aufgrund der Frühgeburtlichkeit  ist auch die Muskelspannung in der Regel reduziert. Das betrifft auch den orofascialen Bereich, weshalb die Frühgeborenen unter anderem auf eine Sonde angewiesen sind.

Durch die lebensnotwendigen Atemhilfen/Beatmungssysteme kommt es häufig zu Vorzugshaltungen der Köpfchen, die aufgrund der noch weichen Knochenstrukturen Abflachungen am Kopf begünstigen. Um entgegen der Vorzugshaltung zu arbeiten, sowie zur allgemeinen Stärkung der Knochen spielt auch da die frühzeitige Physiotherapie eine Rolle (Osteopenieprophylaxe).

Bedingt durch die Lage im Mutterleib kann es zu Fußfehlstellungen, wie zum Beispiel den Sichelfuß kommen. Diese werden mit der dreidimensionalen manuellen Fußtherapie nach Zukunft-Huber, sowie spezielle Tape-Anlagen therapiert.

Ein weiterer wichtiger Grundbaustein der Therapie ist die Anleitung der Eltern im individuellen Handling ihres Kindes.

Um ihr Kind somit bestmöglich zu unterstützen haben sich die folgenden Therapietechniken bewährt:

Atemtherapie:

In der Säuglingsbehandlung überwiegen passive Atemtherapietechniken zu den zählen:

  • Lagerung und Lagewechsel
  • Begleitung und Stimulieren der Atembewegung durch Handkontakt (Kontaktatmung)
  • manuelle Vibrationen in die Ausatmung
  • Therapeutische Körperstellungen
  • interkostale Ausstreichungen, Haut- und Muskeltechniken
  • atemerleichternde Stellungen
  • Vojta –Therapie (siehe unten)

Handling:

Beim Handling erfolgt eine Anleitung der Eltern über die tägliche Handhabung (Tragen, Hochnehmen, Drehen, Füttern, Wickeln) ihres Kindes.

Durch das Handling kommt es zu einer sogenannten Tonusregulation, die Stützaktivität wird gefördert, sowie die Kopf- und Rumpfkontrolle.

Die Vorteile vom Handling sind:

  • Unterstützung der physiotherapeutischen Behandlung
  • Einbeziehung der Eltern in die Therapie
  • Gute Integrationsmöglichkeit in den Alltag
  • Ohne Vorkenntnisse für Eltern leicht erlernbar
  • Verkürzung der Therapiedauer
  • Brechung pathologischer Muster und Bahnung physiologischer Muster

Vojta:

Die Vojta- Therapie ist eine ganzheitliche Therapie und nimmt auf das Zentralnervensystem Einfluss.

Das Gehirn wird angeregt „angeborenne Bewegungsmuster“ zu aktivieren und zu koordinieren. Diese Impulse bewirken eine Aktivierung der gesamten Muskulatur des Körpers und nehmen somit Einfluss auf Haltungs- und Bewegungsmuster.

Dazu wird Druck auf festgelegte Körperzonen an Rumpf und Extremitäten in bestimmten Ausgangsstellungen ausgeübt

 

Bobath:

Das Bobath Konzept beruht auf der Annahme der "Umorganisationsfähigkeit" (Plastizität) des Gehirns, das heißt, dass gesunde Hirnregionen Aufgaben, die zuvor von den erkrankten Regionen ausgeführt wurden, neu lernen und übernehmen können. Voraussetzung dafür ist jedoch eine konsequente Förderung und Stimulation. In der Therapie versucht man mit gezielten Maßnahmen, die Eigenregulation des Kindes in Bezug auf Haltung und Bewegung zu unterstützen.

 

Sensorische Integration (SI):

Sensorische Integration ist die bestmögliche Verarbeitung und Beantwortung von Sinneseindrücken für die erwünschte Handlung. Bei immer mehr Kindern gibt es Wahrnehmungsprobleme, d. h. sie sind nicht in der Lage auf Gesehenes, Gehörtes oder Gefühltes motorisch oder emotional angemessen zu reagieren. Bei der Sensorischen Integration arbeiten wir mit den Basissinnen: Tastsinn, Tiefenwahrnehmung und Gleichgewichtssinn. Angepasste Therapiematerialien ermöglichen dem Kind Sinneseindrücke richtig zu verarbeiten.

Dreidimensionale manuelle Fußtherapie nach Zukunft-Huber:

Zur Korrektur kindlicher Fußfehlstellungen oder – deformitäten wenden wir die dreidimensionale manuelle Fußtherapie nach Zukunft-Huber an. Das Konzept setzt sich aus Mobilisation, Dehnungen und Wickelungen zusammen.

Die Auswahl und Dauer der einzelnen Techniken richten sich ganz nach dem aktuellen Gesundheitszustand/Verlauf des Frühgeborenen und wird täglich angepasst.

Aufgrund der schwierigen Startbedingungen, sowie der häufig weiterhin bestehenden Muskelschwäche empfehlen wir die Fortsetzung der Physiotherapie auch nach Entlassung.